Jutta Widrinsky ist auf einem Bauernhof groß geworden und hat so bereits als Kind eine große Nähe zur Natur entwickelt. Kein Wunder, dass sie ihre Inspiration auch heute noch vor allem bei langen Spaziergängen findet. Erfahre in diesem interessanten Interview mehr über Jutta, ihren Weg zur kreativen Tätigkeit sowie ihre künstlerischen Zukunftspläne.

Liebe Jutta. Du bist bereits seit über 20 Jahren als Künstlerin tätig. Berichte uns von deinem Weg in die Kreativität.

Als ich anfing zu malen, hatte ich nicht im Geringsten auf dem Schirm, dass ich sich daraus berufliche Ambitionen entwickeln würde. Daher ist meine Antwort auf deine Frage zu allererst ein Appell und eine Ermutigung an alle, die sich im Moment nur hobbymäßig mit Kunst beschäftigen. Bleibt dran, es kann sich etwas Ungeahntes daraus entwickeln!

Bei mir war es so, dass ich jedes Jahr mit Freundinnen ein kreatives Wochenende verbracht habe. Wir schufen Nanas nach dem Vorbild von Niki de Saint Phalle, arbeiteten mit Ton und malten auf Leinwand. Ein Wochenende bei der Künstlerin Zoya Sadri war es dann, das in mir den Wunsch wieder erweckt hat, konstant künstlerisch tätig zu sein. Bei Zoya lernte ich die Basics: Wir kopierten alte Meister, zeichneten mit Kohlestiften unsere Handtaschen und beschäftigten uns mit Lichtbrechung, Portraits und Perspektive. Das alles war wichtig, aber für mich kristallisierte sich immer mehr heraus, dass ich selbst gegenständlichen Motive sehr frei malte, in freier Geste und weg von den Details. Es war die unbewusste Entwicklung in die Abstraktion und informelle Malerei.

Jutta Widrinsky
Jutta Widrinsky
© Chris Kamprad

Du besuchst regelmäßig Weiterbildungen u.a. bei bekannten Kunstschaffenden. Gibt es hier ein Event, dss dir besonders in Erinnerung geblieben ist und warum?

Die Weiterbildungen, die ich gemacht habe, waren alle gut überlegt und bewusst entschieden. Ich suche mir jährlich eine Künstler*in aus, die mindestens eine Sache sehr gut kann, die mir noch fehlt oder die mein Schaffen bereichern könnte. Insofern waren alle Weiterbildungen extrem hilfreich und haben meine Fähigkeiten erweitert. Ich möchte keine über die andere stellen.

Ein erwähnenswerter Nebeneffekt waren sicher die Locations, an denen die Kurse stattfanden. Das war z.B. eine ehemalige, lichtdurchflutete Orangerie am Chiemsee, heute Atelierraum des Babynahrungsherstellers Nikolaus Hipp. Oder die Parkvilla in Bad Heilbrunn mit wunderschöner Aussicht und knarzenden Treppen und auch das herrliche Anwesen in Brandenburg an einem der vielen malerischen Seen.

"Spearmint and other feelings 1 " | 100x10 cm | Acryl auf Leinwand
"Spearmint and other feelings 1 " | 100x10 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky
"Spearmint and other feelings 2" | 100x10 cm | Acryl auf Leinwand
"Spearmint and other feelings 2" | 100x10 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky

Gibt es eine Künstlerin / einen Künstler, den du besonders inspirierend findest?

Definitiv! Eine prägende Erinnerung sind zwei Ausstellungen in der Frankfurter Schirn: Peter Doig und Daniel Richter. Besonders Doigs Arbeiten gingen mir mitten ins Herz. Seine Sujets, sein Malstil, seine Kreativität erzählen Geschichten! Bei jedem Bild fragte ich mich: Wie macht er das bloß? Woher kommt seine Inspiration? Wie schafft er es, die jeweilige Stimmung einzufangen und auf Leinwand zu bannen?

Dann gibt es eine Reihe Künstler*innen, besonders Kontakte auf Instagram, zu denen sich auch in der analogen Welt wertschätzende Kontakte entwickelt haben. Wenn ich sie nenne, bewege ich mich auf dünnem Eis, weil ich sicher irgendjemand unberechtigter Weise vergesse aufzuzählen und dafür entschuldige ich mich jetzt schon. 😉

Aber an erster Stelle würde ich immer Petra Schott nennen! Petra zeigt, dass es möglich ist, als Künstler*in sehr erfolgreich zu werden. Ihr Bilder sind für mich unübertroffen.

Ich will Liane Merz nennen. Ihre Arbeiten sind frei, wild und voller künstlerischer Raffinesse. Ihr häufig verwendetes rosa suggeriert auf den ersten Blick Zartheit und Verspieltheit, auf den zweiten bleibt einem das Lachen im Hals stecken.

Ich nenne Jutta Siebert, die sehr unbeschwert und pointiert skizzierte, comic-hafte Figuren in große Malerei verwandelt.

Ich nenne Nena Cermak, die sowohl zweidimensional auf der Leinwand als auch skulpturale dreidimensionale Werke schafft, die vor Kreativität nur so sprühen.

Ich nenne Daniela Schweinsberg wegen der Feuerwerke in jedem ihrer Bilder.

Ich nenne Chris Kamprad wegen der Magie, die sie auf die Leinwand bannt.

Und und und. Die Liste könnte ich weiterführen, weil es so wahnsinnig viele kreative Köpfe gibt.

"Wild wild west" | 70x110 cm | Acryl auf Leinwand
"Wild wild west" | 70x110 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky
"The laid table" | 110x150 cm | Acryl auf Leinwand
"The laid table" | 110x150 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky

Welche Techniken bevorzugst du heute?

Am liebsten male ich mit Acryl. Auch wenn sich immer wieder ein Gedanke einschleicht, der mich ermuntert, Plastik zu bügeln und Alltagsgegenstände in Streifen zu schneiden und zu verweben, stelle ich am Ende fest, dass ich mit Acryl am sichersten umgehen kann. Jedenfalls bis heute.

Was sind deine Lieblingsfarben?

Meine Lieblingsfarben sind Fluch und Segen zugleich! Ich male sehr gerne in pastelligen Tönen, rosa, grün, blau. Oft denke ich mir, dass diese Farben zu sehr „Zuckerguss“ sind. Aber dann stelle ich irgendwo aus und werde genau wegen dieser Farben gelobt. Erdige Töne sind einfach nicht mein Ding. Deswegen erkläre ich die Pastellfarben einfach zu meinem unverwechselbaren Stil. 🙂

"Waiting to be fed" | 100x100 cm | Acryl auf Leinwand
"Waiting to be fed" | 100x100 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky
ohne Titel | 75x75 cm | Acryl auf Leinwand
ohne Titel | 75x75 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky

Auf welchem Format bist du am liebsten kreativ?

Ich male am liebsten auf Leinwand. Ich kaufe mir 10m-Rollen, schneide mir ein gewünschtes Stück ab und klebe es mit Kreppband an die Wand. Darauf male ich. Ich brauche meine Staffelei praktisch gar nicht mehr. Auch weil meine liebsten Formate eher groß sind.

A propos Format: Das Quadrat finde ich persönlich oft am stimmigsten. Wenn ich mein Bild als fertig erachte, rolle ich es platzsparend auf und verstaue es. Mit einem dann doch großen Nachteil: Ich verliere den Überblick, welches Bild auf welcher Rolle ist. Erst wenn ich ein Bild ausstelle oder verkaufe, ziehe ich es auf einen Rahmen.

Wo findest du deine Inspiration?

Der größte Hebel für meine Schaffenskraft liegt in der Natur. Ein langer Spaziergang ist auf so vielen Ebenen ein Katalysator für mich. 

Ich denke über Themen für meinen Newsletter nach, nein, viel besser, sie fallen mir einfach ein. Ich entdecke Ungesehenes (auch wenn ich den Weg schon 1000 Mal gegangen bin), sehe blau, grün, grau, Farben, Äste, Risse im Asphalt, die die ein Muster ergeben, achtlos weggeworfene Dinge (die nicht in die Natur gehören), Gummiringe im Matsch, Plastikfolien über Gemüsefeldern, die im Wind rauschen und sich zu meeresgleichen, rhythmischen Wellen formieren. Diese Eindrücke laden meine Batterien auf.

Fertigst du auch Auftragsarbeiten an? Hast du hier eine besondere Geschichte von einer abgeschlossenen Auftragsarbeit für uns?

Eindeutig JEIN! Ich habe das zwar schon gemacht und die Auftraggebenden waren begeistert. Zum Glück, denn bei mir schwingen bei Auftragsarbeiten immer zwei gegensätzliche Gefühle mit: Dass das Ergebnis doch einmal nicht so gut ankommen könnte – und dass ich dabei in meiner freien Schaffenskraft ein bisschen eingeschränkt sein könnte.

"Daily dose of green" | 4er-Set je 40x40 cm | Acryl auf Leinwand
"Daily dose of green" | 4er-Set je 40x40 cm | Acryl auf Leinwand
© Jutta Widrinsky

Auf welchem Weg verkauft du deine Arbeiten?

Ich verkaufe einerseits über Instagram. Nicht viel, aber immer wieder. Das ist insofern spannend, weil man seine Bilder quasi in eine Black Box postet und eingentlich nicht wirklich weiß, wer die Follower*innen sind. Wenn dann eine unerwartete Kaufanfrage kommt – umso besser und überraschender! Ich verkaufe über Ausstellungen. Das ist zwar aufwändig, aber ich bin auf diese Weise sehr nah an den Käufer*innen, bekomme mit, was sie am ehesten anspricht. Mein dritter Weg soll langfristig der erfolgreichste werden: Seit ein paar Monaten verschicke ich alle zwei Wochen einen Newsletter. Darin gebe ich viel über mich, meinen Weg, meine Erfahrungen, meine ups & downs preis und stelle jedes mal ein von mir gemaltes Bild vor. Melden Sie sich gerne auf meiner Homepage zum Newsletter an!
"93 paintings without thinking" | Acryl, Stifte und Sprühfarbe auf festem Papier
"93 paintings without thinking" | Acryl, Stifte und Sprühfarbe auf festem Papier
© Jutta Widrinsky

Hast du Pläne für die künstlerische Zukunft?

Meine Zukunft soll erfolgreich werden! Das ist mein tief sitzender Wunsch und ich verfolge ihn konsequent. Ich weiß nicht, ob es mir gelingen wird, aber ich tue sehr viel dafür. Ich justiere permanent meine Aktivitäten, denke über Erfolge und Misserfolge nach, analysiere, was schiefgegangen / gut gelaufen ist und gehe auf diese Weise Schritt für Schritt weiter auf mein Ziel zu. Und natürlich verbessere ich mich malerisch kontinuierlich.

Aber ehrlich: Ein paar gedrückte Daumen und begeisterte Käufer*innen können auch nicht schaden. 🙂

Vielen Dank, liebe Jutta, für dieses interessante Interview!

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