Denise Jung hat auf einer Reise durch Italien ihre Liebe zur Kunst entdeckt und ist damit so erfolgreich, dass sie ihren Job als Grundschullehrerin aufgeben konnte. Erfahre in diesem Interview, warum Denise gern naturbelassene Baumwolle als Untergrund verwendet und wieso die Künstlerin bald auch Spanien ihr Zuhause nennen kann.
Wie bist du zur Kunst gekommen?
Als Grundschullehrerin für Kunst war ich immer in Berührung damit. Meist aber nur in meinem schulischen Alltag in der Rolle der Lehrkraft. Zu Hause habe ich mich weniger damit beschäftigt, außer in den Unterrichtsvorbereitungen.
Dann auf einer Italienreise habe die Kunst wieder für mich entdeckt. Die malerischen Gässchen von Malcesine am Gardasee mit ihren vielen Galerien haben mein Herz höher schlagen lassen. Ich konnte nach meiner Rückreise nicht anders, als mir Leinwände und Pinsel zu kaufen und selbst aktiv zu werden.
Im ersten Jahr habe ich viele verschiedene Techniken ausprobiert und es hat etwas gedauert, bis ich meinen Stil gefunden habe. Zumindest war mir klar, welche Richtung ich einschlagen möchte. Ich bin an rohen Leinwänden hängen geblieben. Für mich haben diese Natur-Stoffe einen besonderen Reiz. Die Farben kommen besonders gut zur Geltung und es macht riesig Spaß auf solch einem Malgrund zu arbeiten.
Wie sieht dein Alltag aus? Malst du hauptberuflich?
Inzwischen male ich hauptberuflich. Vorher war ich Grundschullehrerin und konnte daher immer nur abends oder am Wochenende malen. Ich habe in dieser Zeit eher viele Techniken ausprobiert und experimentiert. Dann wurde ich leider psychisch krank, weshalb erst einmal andere Dinge im Vordergrund standen. Die Kunst hat mir in dieser schweren Anfangszeit sehr geholfen und da ich viel zu Hause war, hatte ich nun mehr Zeit zum Malen. Ich wusste schon während meiner Krankheitsphase, dass ich nicht mehr zurück in die Schule möchte und mir eine andere Beschäftigung suchen muss. So eröffnete ich kurzerhand Ende Januar 2023 meine Instagramseite denize.jung und als nach nicht mal zwei Wochen nach Hochladung meines ersten Werkes eine Anfrage kam, hat mich die Motivation gepackt, weiter zu machen.
Eigentlich hatte ich für die kommenden Monate ganz andere Pläne. Mein Sabbatical stand kurz bevor und mein Mann, meine Hündin und ich wollten ein Jahr lang mit unserem Van durch Europa reisen. Das haben wir dann auch getan. Im Spätsommer 2023 ging es los. Nur kam alles anders als geplant. Meine Kunst lief so gut, dass ich auch während des Reisens immer wieder Aufträge bekam und Bilder verkauft wurden, so dass ich beschloss, meine Reisen immer mal kurz zu unterbrechen. Ich flog nach Deutschland in unsere Wohnung, um dort zu arbeiten. Dieses Prozedere habe ich dann alle paar Wochen/ Monate wiederholt und bin von Mallorca, Portugal, aus Marokko und aus Schweden geflogen. Mein Leben war quasi eine Mischung aus Reisen und Künstlerin-Sein. Ich war Parttime-Künstlerin und Parttime-Vanliferin. Dieses Leben hat mich jedoch sehr müde gemacht. So schön das Reisen auch war, so erschöpft war ich jedes Mal nach meiner Rückkehr aus dem Atelier in der Heimat. Ich war immer nur für wenige Tage zum Arbeiten zu Hause und habe in dieser Zeit so viel gearbeitet, dass die Motivation irgendwann auf der Strecke blieb und auch kaum Zeit war für eigene Inspirationen. Es hat mich regelrecht gestresst und so konnte es nicht weiter gehen.
Mein Mann und ich haben deshalb entschieden, dass wir uns eine Base suchen, wo wir beide mal länger am Stück arbeiten können. Wir sind in Spanien hängen geblieben, da wir beide das Klima dort sehr lieben und uns in Deutschland nicht mehr so wohl fühlen. In Spanien wollen wir dann zukünftig leben und arbeiten und mit dem Van immer mal kleinere Trips machen, so der Plan. Meinen Job als Lehrerin habe ich bereits nach meinem Sabbatical gekündigt. Die Kunst steht seit dem im Vordergrund. Neben der Malerei möchte ich noch Workshops anbieten. Das steht ganz oben auf meiner Liste und passt glaube ich ganz gut, als ehemalige Kunstlehrerin.
Wo findest du deine Inspiration?
Überall. Vor allem Farbkombinationen findet man überall: in der Natur, in der Mode, in Einrichtungen. Ich liebe Wildblumen, Blumenwiesen und Sträuße und bin jedes Mal verliebt über die Blütenwelt und was die Natur erschafft. Natürlich findet man Inspirationen auch auf Social Media, bei anderen Künstlern, egal in welchem Bereich. Manchmal braucht es einen kleinen Impuls, um neue Denkanstöße anzuregen. Diese bekomme ich hin und wieder auch von meinen eigenen Kunden, wenn neue Farben oder Kombinationen gewünscht sind, die ich vorher nie so genutzt habe oder wenn sie mit einer komplett neuen Idee um die Ecke kommen und ich etwas ganz Neues kreieren muss. Bei solchen Aufträgen verlasse ich während des Arbeitens komplett meine Komfortzone und bekomme durch das Schaffen Ideen für neue Werke. Das liebe ich sehr.
Welche Techniken verwendest du, welche Materialien kommen zum Einsatz?
Ich verwende verschiedene Techniken in der Acrylmalerei. Die Farbe wird stark verdünnt hauptsächlich mit Wasser auf den Untergrund aufgetragen (Lasurtechnik). Es ähnelt stark der Aquarellmalerei. Mit der Nass-in-Nass Technik lassen sich schöne Farbverläufe, aber auch Schichten kreieren.
Manchmal nutze ich Binder, um die Acrylfarbe dickflüssiger sowie geschmeidiger zu machen. Dies kommt dann dem Pouring sehr nahe.
Details machen die Werke zusätzlich spannend und laden zum Entdecken ein. Mit verschiedenen Werkzeugen wie Spachtel, Pinsel sowie Materialien wie Farbe, Ink, Spray, Kreide, Stifte alles auf Acrylbasis gestalte ich diese Highlights (mixed media).
Welches Format bevorzugst du?
Am liebsten arbeite ich auf großen Leinwänden. Alles ab 100x100cm. Ich finde, dass das Gesamtergebnis immer so besonders wirkt und auch während des Arbeitens hat man so viele Möglichkeiten. Man kann sich richtig austoben, da so viel Platz ist. Und man ist länger beschäftigt.
Bei kleineren Leinwänden, die ich oft auf Reisen mit dabei hatte (60x60cm), war ich mit dem Ergebnis nicht immer zufrieden, da alles irgendwie begrenzt ist. Bei kleinen Leinwänden plant man eher alles vor und bei großen lässt man sich mehr leiten.
Was sind deine Lieblingsfarbtöne, die du für deine Bilder verwendest?
Früher hätte ich direkt rosa gesagt. Meine ersten Bilder waren alle sehr rosalastig. Und heute mag ich diese Farbe immer noch sehr. Gerne verwende ich sie als Details hier und da. Aber irgendwann kam der Punkt, wo ich auch mal andere Farben ausprobieren wollte. Mittlerweile habe ich auch viele Bilder in Grüntönen und Dunkelblau. Und ich muss sagen, dass ich Grün total feiere, weil man so viele Nuancen mischen und damit super tolle Tiefen schaffen kann. Als Details liebe ich das Phthalocyaninblau und Bronze sowie Kupfer. Dazu passen dann auch Naturtöne, wie Creme, Beige, Ocker, Elfenbein.
Sind Auftragsarbeiten möglich?
Hast du zu einem Bild/einer Auftragsarbeit vielleicht eine besondere Geschichte, die du erzählen magst?
Oh ja. Und zwar zu einem Bild, welches ich in Marokko gemalt habe. Es trägt den Titel „Mitgefühl“ (eng. compassion) und wurde für einen guten Zweck gemalt und versteigert. Wir waren fast 3 Monate in Marokko und überall gibt es Straßenhunde. Viele in einem schlechten Zustand. Es hat mir jedes Mal das Herz gerbrochen, wenn ich gesehen habe, was sie für ein Leben und eine Zukunft in diesem Land haben. Am liebsten hätte ich sie alle mitgenommen.
Vanlife-Freunde haben uns von einer Organisation namens @beldi.leeny erzählt, die sich um Straßenhunde kümmert und versucht, das Leben dieser Tiere zu verbessern. Eyleen, die Gründerin ist eine deutsche Auswanderin und hat ihr komplettes Leben den Hunden gewidmet. Sie kann jeden Euro gebrauchen, und so kam ich auf die Idee, ein Bild, welches ich in Marokko gemalt habe, zu versteigern und den gesamten Erlös zu spenden. Viele liebe Menschen haben mitgemacht und so kamen am Ende 555€ für das Werk „Compassion“ zusammen.
Was ist dir bei der Fertigung deiner Werke besonders wichtig?
Bei Aufträgen vor allem, dass der Kunde zufrieden ist. Aber ich schicke kein Foto oder Video raus, bevor nicht auch ich das Werk toll finde.
Es muss sich ein besonderes Gefühl einstellen, wenn man ein Werk anschaut. Das ist schwer zu beschreiben. Es muss in der Gesamtkomposition und in der Farbgebung stimmig sein. Und wenn ich denke, dass würde ich mir sehr gerne selbst an die Wand hängen oder am liebsten behalten, dann ist es fertig. Mir ist einfach wichtig, dass die Kunden ein Bild bekommen, was mit viel Liebe gestaltet ist, mit viel Liebe zum Detail. Ich würde niemals ein Bild hochladen, von dem ich nicht überzeugt bin.
Auf welchem Weg verkaufst du deine Arbeiten?
Zu Beginn habe ich meine Bilder neben Instagram auf Etsy gestellt. Mittlerweile habe ich eine eigene Website unter www.denizejung.com. Dort kann man aber nicht direkt kaufen, sondern über das Kontaktformular oder über Mail Kontakt mit mir aufnehmen. Die meisten Anfragen kommen aber nach wie vor über Instagram (@denize.jung) via Direktnachricht. Hin und wieder erhalte ich aber auch Nachrichten über das Kontaktformular.
Ich habe die Website zur besseren Übersicht erstellt, da ich Instagram sehr unübersichtlich finde. Auf der Website ist alles schön geordnet, man hat einen guten Überblick über die Werke und andere Optionen.
Hast du Pläne für die Zukunft?
Oh ja. Seit meiner Kündigung als Lehrerin habe ich endlich wieder Visionen und Spaß daran, zu träumen. Vorher fühlte sich für mich irgendwie alles bereits festgelegt an, vorherbestimmt und es gab wenig Raum für Veränderungen.
Jetzt durch meine Selbständigkeit habe ich viel mehr Freiheiten und das Leben ist noch total offen. Wir wollen jetzt eine Base auf Mallorca zum Leben und Arbeiten finden, wo ich hoffentlich mehr Zeit zum Malen finde. Dann möchte ich gerne Workshops anbieten und ich habe noch sehr viele andere Ideen im Kopf. Vielleicht auch einen Retreat mit mehreren Menschen und verschiedenen Angeboten auf die Beine stellen.
Ebenso möchte ich endlich mal eine eigene Ausstellung planen. Das habe ich immer verworfen, da ich das letzte Jahr kaum zu Hause war.
Ansonsten möchte ich noch weiter Reisen und vor allem Griechenland mit dem Van erleben.
Wie entstehen die Namen deiner Bilder, und was steckt dahinter?
„Den Pinsel in die Hand nehmen, den Farben meiner Gefühle folgen, lebendig werden.“ (Marion Theresa)
Dieser Satz beschreibt meine Arbeit ganz gut. Meine Werke entstehen aus einem inneren Impuls heraus und werden oftmals von Emotionen und Gefühlen geleitet.
Während meiner Tätigkeit als Lehrerin habe ich in einer Jahresfortbildung eine Ausbildung zur Glückslehrerin gemacht. Ich habe in dieser Zeit nicht nur Dinge für die Schulpraxis gelernt, sondern viel mehr für mich selbst. Diese Zeit hat mein Leben total beeinflusst und nachhaltig bereichert und ich glaube, es war der Meilenstein für meine Veränderungen im Leben sowohl privat als auch beruflich.
Durch das kreative Schaffen habe ich endlich mein inneres Glück und meine Selbstwirksamkeit gefunden.
Glück hat viel mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun und diese spiegelt sich auch in meinen Bildern wider. In jedem findet man Lebensfreude und auch Wohlbefinden, denn dies sind wichtige Ziele von mir. Ich male am liebsten mit Pastellfarben, um meinen Bildern eine gewisse Leichtigkeit zu geben, denn auch Leichtigkeit ist ein großes Stichwort in meinem Leben.
Die Titel meiner Bilder haben viel mit der Thematik „Glück“ zu tun. Sie bestehen meist nur aus einem Wort. Sie sollen ein Lebensgefühl ausdrücken und beim Kunden etwas auslösen, quasi fungieren sie als kleiner Reminder.
Schärfe den Blick für die kleinen Glücksmomente. Schaue dir meine Bilder an, vielleicht entdeckst du in einem meiner Bilder einem Moment des Glücks und möchtest ihn festhalten?
Alles Gute und weiterhin viel Kreativität wünsche ich dir auf deinem Weg, liebe Denise. Vielen Dank, dass du dir für das Interview Zeit genommen und uns so tiefe Einblicke in dein Schaffen gegegeben hast.